Frankenstein-Historie.de

Start     Texte     Bilder     Videos     Erzählungen     Quellen & Presse     Kontakt     Impressum

Die letzte Attacke ( Gerhard Michel, Willi Walther )

Zum 220. Todestag des Grafen Friedrich von Einsiedel

Es war eine eiskalte Nacht. Als der Morgen des 29.11 1793 herauf dämmerte lag weißer Reif auf den Feldern um Morlautern und Erlenbach. Das vereinigte Heer aus Preußen und Sachsen biwakierte groß teils auf freiem Feld, auf den strategisch wichtigen Höhen, nördlich von Kaiserslautern. An den spärlichen kleinen Feuern versuchten die Soldaten ihre frostigen Hände und Glieder zu erwärmen. Die Pferde standen mit hängenden Köpfen auf den abgeernteten Feldern und knapperten an den letzten wenigen Gräsern.

In der von tiefen Talschluchten geprägten Topographie um Kaiserslautern, war es für den preußischen Generalstab sehr schwierig, die Bewegungen der französischen Revolutionstruppen zu erkennen, um die entsprechenden Gegenmaßnahmen einzuleiten. Das Oberkommando der vereinigten Armeen lag in den Händen des Herzogs von Braunschweig eines erfahrenen Truppenführers.

Ihm gegenüber, als Kommandeur des französischen Heeres, stand der junge talentierte General Hoche.

Hoche Lazare war einer jener Männer den die Französische Revolution, aus einfachen Verhältnisse heraus zu den höchsten Gipfeln des Ruhmes trug. Sein Stern strahlte hell über den Schlachtfeldern am Rhein und verglühte ebenso plötzlich wieder, als der Tod den jungen, zum Heeresminister vorgeschlagenen General, dahin raffte. Geboren wurde dieser am 25.06.1768 nahe Versailles, und trat mit 16 Jahren in ein Garderegiment ein. Seine außergewöhnliche Intelligenz, gepaart mit strategischem Weitblick ließ den jungen Offizier rasch den Aufstieg bis zum Divisionsgeneral bewerkstelligen. Als Oberkommandierender der Moselarmee trat er dann Ende November 1793 bei Kaiserslautern dem Preußischen Feldherrn Ferdinand von Braunschweig gegenüber. Der General Hoche starb in seinem Hauptquartier in Wetzlar am 18./19. September 1797 an Lungentuberkulose und wurde auf dem Petersberg bei Koblenz beigesetzt. Das Grab wurde im Jahre 1919 nach Weißenthurm verlegt.

Das französische Volk machte seinen jungen Helden unsterblich mit dem Eintrag am Arc de Triumphe. Die zu diesem Monument führende Prachtstrasse, im Herzen von Paris, die Avenue Hoche, trägt den Namen des Revolutionsgenerales.

Als militärische Zielsetzung des Revolutionstabes in Paris galt die Ausweitung der französischen Ostgrenze bis hin zum Rhein. Ein Wunsch der seit über 200 Jahre die Außenpolitik der französischen Nation geprägt hatte. Verbunden mit der Verwirklichung dieser Vision sind große Namen wie Kardinal Richelieu, der Sonnenkönig Ludwig XIV., sowie dessen General Melac. Letzterem blieb es vorbehalten die Pfalz zu brandschatzen und zu vernichten.

Weniger spektakulär gestaltete sich der Werdegang des am 09.10.1735 in Wolfenbüttel geborenen Herzog Ferdinand von Braunschweig. Seine Mutter Charlotte von Preußen, war die Schwester des preußischen Königs Friedrich II., Ferdinand war somit ein Prinz aus fürstlichem Hause. Eine standesgemäße Vermählung mit Augusta von Hannover, der Schwester des Englischen Königs Georg III., verlieh seinem Namen den Glanz des europäischen Hochadels.

Diesem Vertreter der alten feudalen Ordnung war es beschieden, dem vom revolutionären Geist getragenen General Hoche, in der Schlacht bei Kaiserslautern im November 1793 eine letzte, allerdings nur kurzzeitige Niederlage zu bereiten. Im darauf folgenden Jahr 1794 legte der Herzog von Braunschweig den Oberbefehl über die preußischen Truppen nieder. Er übernahm noch einmal ein Kommando und kämpfte am 14.10.1806 bei Jena gegen Napoléon. Schwer verwundet musste er das Schlachtfeld verlassen und verstarb am 10.11.1806 im Alter von 71 Jahre.

Sein Namen und seine Taten, sind im Gegensatz zu General Hoche weit gehendst vergessen, lediglich auf der Höhe von Morlautern findet der interessierte Wanderer einen Hinweis auf den preußischen Generalfeldmarschall.

Der Schlachtenturm bei Morlautern

Der Schlachtenturm bei Morlautern

Im Jahre 1893 wurde auf dem einst blutgetränkten Schlachtfeld ein Turm errichtet, um die Erinnerung an jenen denkwürdigen Tag Ende November 1793 wach zu halten. Auf einer, über dem Eingang des Schlachtenturmes angebrachte Bronzetafel, ist folgender Text zu lesen: Schlacht vom 28. 29. und 30. November 1793.

"Nach hartnäckigen, blutigen Kämpfen wurden die Franzosen unter General Hoche von den Preußen und Sachsen unter Herzog Carl Wilhelm von Braunschweig und General von Kalckreuth ins Tal hinabgeworfen".

Das von Westen her nahende Republikanische Heer wird von J. Lehmann auf 40.000 Soldaten geschätzt. Die Armee galt als schlecht ausgerüstet. Der Mangel an Munition, Verpflegung und Ausrüstung war nicht zu leugnen. Das alles versuchten die Truppen, in deren Reihen auch Frauen an den Kämpfen teilnahmen, durch Tapferkeit und Durchhaltewillen auszugleichen. Vom revolutionären Geist beseelt, war man bereit für die Republik das Leben zu geben.

Die Stärke der preußisch-sächsischen Armee wird mit ca. 21.000 Mann angegeben. Die umfangreichen literarischen Quellen, welche die Ereignisse jener Tage beschreiben, machen teilweise recht unterschiedliche Angaben bezüglich der Truppenstärke und den Verlusten beider Heere.

Das preußische Korps hatte ab Mitte November 1793 leichte Feindberührung mit den von Blieskastel über Landstuhl nahenden französischen Heer und war bestrebt den Feind bei Kaiserslautern in gut ausgewählten Höhenstellungen zu erwarten. Die Entscheidungsschlacht bei Kaiserslautern begann am Donnerstag den 28. November 1793 mit größeren Truppenbewegungen des Feindes um Kaiserslautern. General Hoche versuchte seine Truppen, in dem für ihn vorteilhaftesten Ausgangspunkt, zu positionieren.

Der Herzog von Braunschweig verbrachte die Nacht im Biwak seines Regimentes in der Hauptstellung und erwartete für den folgenden Morgen den entscheidenden Angriff der französischen Armee, auf die Stellungen der Alliierten um Morlautern. Der folgende Tag sollte dem Tod auf dem Höhenzug über Kaiserslautern eine reiche Ernte einbringen. Bis in die heutige Zeit erinnert die Bezeichnung vom „Blutacker“ an das Massaker vom Freitag den 29. November 1793. Den Verteidiger der alten feudalen Ordnung sollte es noch einmal gelingen gegen die, von der Idee nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit getragenen Truppen der Revolution, zu siegen.

Bei dem zähen Ringen um die Glorie des Sieges kämpften neben den preußischen Truppen, bestehend aus 37 Bataillons Infanterie, sowie 40 Eskadron Kavallerie, die Elitereiterei des Kurfürsten von Sachsen. Dieses Korps stellte insgesamt 10 Eskadrons, zu je 180 Reiter.
2 Eskadron sächsische Husaren
4 Eskadron sächsische Karabiniers
4 Eskadron sächsische Dragoner vom Regiment Herzog von Kurland

In diesem Augenblick treten zwei junge sächsische Reiteroffiziere aus der Anonymität jener Masse an Kämpfern hervor, deren Lebenslinien sich auf schicksalhafte Weise kreuzen. Einem von ihnen blieb es versagt die Heimat, Schloss Wolkenburg in Sachsen, wiederzusehen. Er steht, leider, so kann man es formulieren, in enger Beziehung zu Frankenstein.

Die beiden Dragoner traten nach fast schlafloser Nacht, recht früh am Morgen vor ihr Zelt, auf der Höhe über Erlenbach. Die Dunkelheit wich dem fahlen, spärlichen Grau des neuen Tages. Die vertrauten Geräusche eines Pferdebiwaks beruhigte ihre überreizten Nerven, und so dauert es nicht lange bis die Alltagsroutine von den beiden Leutnants Besitz ergriff. Der jüngere von ihnen entstammte einem der ältesten, sächsischen Adelsgeschlechter, das zu den "Säulen der meißnischen Ritterschaft" gezählt wurde. Die Wurzeln des Geschlechtes gehen zurück auf den Ritter Heinrich von Eynsydel, 1363-1403.

Der junge Graf Friedrich von Einsiedel wurde als 5. Kind, von Detlev Carl von Einsiedel (*1737) und seiner Ehefrau Sidonie Albertine von Schönburg-Lichtenstein (*1745), am 29.02.1772 auf Schloss Wolkenburg/Sachsen geboren. Graf Friedrich war vermutlich der Erstgeborene Sohn - er wird später als Erbgraf erwähnt - entschied sich für die Offizierslaufbahn, und diente als Leutnant beim Sächsischen Cheveaux Legers-Regiment, des Herzogs Karl von Kurland.

Nach dem frühen Tod seiner Mutter im Jahr 1787, verheiratete sich der Vater 1791 ein zweites Mal mit der Adeligen Johanna Amalie von Pannewitz, Witwe des 1782 verstorbenen Konferenzministers Johann August Heinrich von Roeder. Ihr Sohn wurde somit zum Stiefbruder des jungen Grafen von Einsiedel. In diesem Moment standen die beiden Halbbrüder Seite an Seite und fieberten der Schlacht bei Morlautern entgegen. Der Leutnant von Roeder war im Verlauf des Feldzuges gegen die Revolutionsarmee zu militärischen Ehren gelangt. Als der franz. General Lombard am 17.09.1793 bei Blieskastel angreift, um den preußischen Truppen den Rückzug abzuschneiden, hielt Leutnant von Roeder mit 20 Mann einen wichtigen Posten bei Blieskastel solange, bis Verstärkung an Mannschaft und Geschützen eintraf, welche den Republikanern das weitere vordringen verwehrte. Der feindliche Angriff wurde abgeschlagen und der französischen General Lombard, von dem preußischen Obristen von Szekely, gefangen genommen. Bei dem Chronisten dieser Begebenheit handelte es sich um Pfarrer Remling.

Um 7:00 eröffnete General Hoche die Schlacht. Kanonendonner zerschnitt die Stille des Morgens und trug den Tod in die preußischen Regimenter. Mit tosendem Ruf aus tausenden Kehlen - Vive la Republik - brachen die französischen Sturmtruppen in die Reihen der preußischen Infanterie ein und brachte diese ins Wanken. Der Kommandeur der sächsischen Reiterei erkannte die drohende Gefahr und ließ die Trompeter zur Attacke blasen, die vom Herzog von Braunschweig persönlich geritten wurde. Der gesamte Ablauf der Attacke wird je nach Autor unterschiedlich beschrieben. Wir wollen unseren Fokus auf den Grafen von Einsiedel richten der tief über die Mähne seines Pferdes gebeugt, mit der rechten Hand den schweren Dragonersäbel schwingend, an der Spitze seiner Schwadron, dem Feind entgegen stürmte. Die Trompeten blasen, die Fähnlein flattern, der Adrenalinspiegel hat den Höchststand erreicht.

Alle Gedanken sind ausgeblendet, rasend schnell kommen die feindlichen Bajonette näher. Gewehrfeuer blitzt auf. Weiter geht die wilde Attacke, ob sie die Letzte sein wird, entscheidet Fortuna. Die erste Kugel trifft das Pferd. Die Schwadron konnte ihren vorwärts stürmenden Leutnant nicht folgen und somit richtete sich das gegnerische Abwehrfeuer weitgehendst auf den heranstürmenden Grafen. Von mehreren Kugeln getroffen gelingt ihm dennoch der Einbruch in die feindlichen Reihen. Er konnte noch mehrere Schwerthiebe führen, bevor er aus, mehreren Wunden blutend von seinem ebenfalls schwer getroffenen Pferd, sank. Den weiteren Verlauf der Geschehnisse schildert August Lauterborn in einem Aufsatz, "Ein Heldengrab", Pfälz. Geschichtsblätter, April 1907, auf recht anschauliche Weise. Es gelang dem Autor in ein paar Sätzen die blutige Attacke wie in einem Film darzustellen. Von dem umdrängenden Feind wurde der junge Adelige gänzlich vom Pferd gerissen und gierige Hände griffen nach der reichen Beute, die der schwerverwundete Offizier ihnen zu bieten schien. Die Kriege der damaligen Zeit kannten keine Pietät gegenüber den Toten und Verwundeten. Der preußische Feldprediger und Begleiter dieser Kämpfe, Samuel Christoph Wagener, geht näher auf die Motive der Plünderer ein. "Die Gewinnsucht der Marodeure, der Marketender und des anderweitigen Trosses hatte, wie gewöhnlich, unmittelbar nach Beendigung der Schlacht alle menschlichen Körper entkleidet und ihnen selbst das zerrissenste, blutgefärbte Hemd nicht gelassen, weil zuweilen Geld darin genäht ist. Der niedrige Mutwille dieser gefühllosen Unmenschen hatte mit den französischen Amazonen, die hier an der Seite ihrer Geliebten ausbluteten, den sichtbaren Unfug getrieben".

Gemäß dem damaligen Verständnis war der Besiegte der Plünderung preisgegeben. Die Habsucht glitzerte gefährlich in den Augen der armen Kreaturen im Umfeld des wehrlosen Grafen, dessen wertvolle Ausrüstung den Jahressold eines einfachen Soldaten überstieg. Das war der Moment in welchen Leutnant von Roeder mit seinen Dragonern die Wahlstatt erreicht hatte. Es gelang der mutigen Schar, unter Einsatz ihres Lebens, den fast leblosen Körper des jungen Grafen aus den Händen der Plünderer zu bergen und in Sicherheit zu bringen.

Die vom Herzog von Braunschweig gerittene Attacke der preußischen und sächsischen Kavallerie verlief erfolgreich. Es gelang den Reitern die französischen Angreifer in das Erlenbachtal zurück zu werfen. Dem Herzog stand das Kriegsglück bei, er empfing bei dem Sturm eine, nicht näher bezeichnete Verwundung.

Die Schlacht auf den Höhen über Erlenbach blieb bis heute unvergessen. Der Kampfplatz wird im Volksmund, in Erinnerung an die Reiterattacken als die „ Husarenäcker“ bezeichnet.

Leutnant von Roeder brachte den schwer verwundeten Stiefbruder noch am gleichen Tag in ein Quartier nach Kaiserslautern, wo Graf Friedrich von Einsiedel am 30. November 1793 seinen Verletzungen erlag. Er war somit einer der 44 Offiziere, neben weiteren 785 Mann, welche die Verbündeten als Tote zu beklagen hatten. Die französischen Verluste werden in der Literatur zwischen 3.000 und 7.000 Mann beschrieben. Unter diesen Toten will der Chronist auch viele Amazonen ausgemacht haben, die mit den Republikanern in den Kampf gezogen waren.

Aus welchen Gründen die sächsischen Dragoner den Kampfplatz, unter Mitführung ihres toten Offiziers, verlassen mussten ist nicht erkennbar. Der Rückmarsch führte die Berittenen über die alte Straße, die in der Vergangenheit schon so viele Truppen ziehen sah, von Kaiserslautern kommend, über Frankenstein, nach Neustadt. Hier bogen die Dragoner nach Süden Richtung Landau ab, um General Wurmser dem Kommandeur der kaiserlichen Truppen, zu unterstützen.

In dem kleinen Dorf Frankenstein biwakierten die sächsischen Dragoner auf ihrem Vormarsch zur Front. Möglicherweise errichteten sie hier ein Nachschublager, das ihre Versorgung bei Kaiserslautern sichern sollte.

Nach dem Leutnant von Roeder den Tod seines Stiefbruders bei Kaiserslautern zu beklagen hatte, galt es die Frage zu klären, wo in aller Eile ein würdiger Begräbnisplatz zu finden war. Eines der anonymen Massengräber in der Nähe des Schlachtfeldes war für ihn nicht vorstellbar, doch musste er unter dem Druck des Rückmarschbefehles schnell eine Entscheidung fällen. Er wählte sicher mit bedacht den Platz unterhalb dem alten Gemäuer der Ruine Frankenstein, neben der kleinen reformierten Dorfkirche, mit Blick nach Osten, der aufgehenden Sonne entgegen. Hier begrub er den Leichnam, des 21 jährigen Grafen Friedrich von Einsiedel, auf dem alten Friedhof mit militärischen Ehren. Der Krieg machte für einen kurzen Moment eine Pause. Vielleicht veranlasste er einen der Dorfbewohner ein schlichtes Holzkreuz zu setzen.

Sehr wahrscheinlich wurde die gräfliche Familie in Schloss Wolkenburg schnellstmöglich, vom Tod des jungen Grafen informiert, da bereits am 12.12.1793 ein Bruder des Gefallenen, Vollmar von Einsiedel, an Adolph von Einsiedel einen Brief mit der Todesnachricht ins Feld übermittelte.

"Es ist war, wer den fürtrefflichen Friedrich gekannt hat, hat immer seine brennende Liebe für alles Gute, seine Festigkeit, die in dem Alter in dem er stand, immer etwas seltenes ist, seinen unermütlichen Pflichteifer und seine wohlgeordnete christliche Frömmigkeit bewundern müssen".

Die nächsten beiden Jahrzehnte prägte die Pfalz bis zum Rhein, mit dem revolutionären Gedankengut der französischen Besatzungsmacht. Nicht wenige Pfälzer tanzten unter den allenthalben errichteten Freiheitsbäumen und wünschten den Adel zum Teufel. In diesem Klima war wohl kaum an die Errichtung eines Grabmals für den sächsischen Grafen zu denken. In Wolkenburg seiner Heimat gedachte die Familie sehr wohl ihres Sohnes und Bruder, durch die Erstellung eines Gusseisernen Kenotaphs. (Grabmal für einen andernorts bestatteten Toten).
Der Vater des Toten, Detlev Carl von Einsiedel, gelangte auf dem Erbweg im Jahre 1776 neben der Herrschaft Mückenberg, mit dem dazugehörigen Eisenwerk Lauchhammer, in den Besitz dieser Immobilien.

Die Vorbesitzerin war seine Patentante, die verwitwete Freifrau von Löwendahl, geborene von Rantzau. Das Eisenwerk entwickelte sich unter dem adeligen Unternehmer, der die Manufaktur nach Kräften förderte und unterstützte, gut. Er ließ neue Methoden des Eisenkunstgusses kreieren, welche die Produktion von Ofenplatten, Statuen und Vasen ermöglichte. Diese ihm gegebene Möglichkeit nutzte der Vater des Toten im Jahre 1802, um seinem gefallenen Sohn Friedrich ein ehrenvolles Andenken zu widmen. Das von ihm gestiftete Kenotaph liegt an der Südseite in der Alten Kirche zu Wolkenburg. Die übermannsgroße Darstellung (230x115), des Friedrich von Einsiedel zeigt ihn, in Uniform eines Dragoneroffiziers, mit über der Körpermitte gefalteten Händen. Das jugendliche Antlitz mit den geschlossenen Augen wird mit von einem Dreispitz, an dem eine Kokarde mit einem Federbusch besetzt ist, bedeckt. Der schlanke Körper ist mit einem oben geöffneten, knie langen Uniformrock und einer engen Hose bekleidet. Beine und Füße stecken bis zum Knie reichenden Dragonerstiefel. Um die Hüfte ist eine Schärpe mit Quasten gebunden. An der linken Seite trägt der Dargestellte einen Degen mit reichverziertem Griff. Eine Ovale Umschrift erinnert an die Lebensdaten des Toten mit einem Hinweis auf dessen Grab in Frankenstein/Pfalz.

Grabmal des Grafen Friedrich von Einsiedeln

Kenotaph des Grafen von Einsiedel in der Schlosskirche zu Wolkenburg ( Foto: Rolf Kirchner, Wolkenburg )

Karl Friedrich Gert Graf von Einsiedel geb. 1883, der letzte Besitzer von Schloss Wolkenburg, er starb am 19. März 1940, berichtet in einem Brief aus dem Jahre 1936 - die erste Seite des Brief ist leider nicht mehr vorhanden - von den Arbeiten aus den Anfängen des Lauchhammer Eisenkunstguss Werkes u. a. folgendes:

Christian Friedrich Rauch modellierte das Frontons der Kirche, die Erhöhung der Schlange durch Moses darstellend, das erste gusseiserne Werk dieses bezeichneten Meisters. Da nach den Napoleonischen Kriegen großer Mangel an Metall herrschte, schuf er den Eisenkunstguss in Lauchhammer, der für ganz Deutschland vorbildlich wurde. Davon zeugen noch heute die mannigfachen Bildwerke in und an der Kirche, mehreren Grabmäler und viele Objekte im Park, nach den Originalen der Antike. Die Grabplatte seines in der Schlacht bei Kaiserslautern gefallenen Sohnes Friedrich (beerdigt in Frankenstein) ziert jetzt in meinem soeben hergestellten Abguss die Ausstellung schaffendes Volk in Düsseldorf.

Mit dem Ende der napoleonischen Ära und dem Frieden von Luneville erfolgte eine Neuaufteilung Europas. Die Pfalz teilweise republikanisch gesinnt, wurde ab 1816 ein Teil des Bayerischen Königreiches. Ab diesem Moment bestand für die Familie von Einsiedel die Möglichkeit sich näher mit der letzten Ruhestätte ihres gefallenen Angehörigen zu befassen. Die Geschwister des Toten, konnten ausgehend, von den für sie günstigen Nachkriegsstrukturen, einen Kontakt nach Frankenstein herzustellen. Als gesichert gilt ein Briefwechsel aus den Jahren 1820/21 seitens der gräflichen Familie mit dem Frankensteiner Schultheiß und Posthalter Karl Adolph Ritter.

Auf welche Art und Weise der Kontakt zustande kam ist nicht mehr nachvollziehbar. Die gesamte Korrespondenz die bis nach dem 2. Weltkrieg im Archiv der Gemeinde Frankenstein lagern sollte, bleibt unauffindbar. Fraglich ist ob die Briefe an die Gemeinde Frankenstein oder an den Posthalter Ritter adressiert waren und inwieweit man aus diesem Sachverhalt gewisse Eigentumsrechte ableiten könnte. Zwei Spuren die zur Klärung des Sachverhaltes beitragen könnten wurden weiterverfolgt. Dem Mitautor dieses Aufsatzes wurden um 1970 etliche Kopien, eines aus dem Jahr 1821 datierten Vertrages, welcher die Gestaltung des Grabmals zum Inhalt hatte, angeboten und von ihm übertragen.

Ein weiterer Zeitzeuge, der im Jahr 1967 Mitglied im Bauausschuss der Gemeinde Frankenstein gewesen war, konnte detaillierte Angaben zum Sachverhalt liefern. Innerhalb einer Ausschusssitzung sollten Gestaltungsmöglichkeiten im Umfeld des Grabes beschlossen werden. Der gut erhaltene Originalbrief der Geschwister v. Einsiedel aus dem Jahr 1821, diente als Grundlage. Auch das vorgenannte Gemeinderatsmitglied, konnte über den Verbleib, des mit einer Zeichnung versehenen Vertrags keinen Hinweis geben.

Die Wiedergabe des Kontraktes, sowie die Beschriftung des Grabmals, lauten wie folgt:

Kontrakt

Abgeschlossen am heutigen Tag zwischen Herrn Carl Ritter, Königlicher-bayerischer Bürgermeister zu Frankenstein, in seiner Eigenschaft als Bevollmächtigter Adolph Gustav von Einsiedel aus Wolkenburg in Sachsen einverstanden und:
Ludwig Donie Steinhauermeister von Kirchheimbolanden anderseits, betreffend die Verfertigung des Monumentes, welches die Herren Grafen von Einsiedel auf dem Grabe des hiesigen Kirchhofe beerdigten Bruders Friedrich von Einsiedel errichten zu lassen beschlossen haben.

1) Ludwig Donie verbindet sich das Grabmal nach in der Zeichnung angegebenen Form in 5 Fuß Höhe, 2 Fuß 3 Zoll Kantig insgevierdte mit einer holen Füllung oben an den 4 Seiten einen Lorbeerkranz mit 1 Zoll Schleifung aus dem besten Stein in einem Stück rein und flüssig ausgearbeitet.

2) An einer jeden der vier Seiten zwei Stufen mit einem halben Stück gearbeitet und wovon die obere einen Podest-Plattform von 2 1/2 Fuß Breite bildet, dem Monument als Fußgestell zu unterlegen.

3) Die Inschriften in lateinischen Schriftzügen ausführlich und sauber auf diese vier Seiten zu arbeiten.

4) Endlich das Monument auf seine Kosten und Gefahr über dem Grabe ohne weitere Aufforderung wegen Fuhrlohn oder dergleichen zu errichten, darauf aufzustellen und zwar in 3 Monat Zeit, gerechnet von dem Tag an, wo die endliche Entschließung des Herrn Grafen wird bekannt gemacht werden können.

Für diese obigen in den vier Punkten beschriebenen Leistungen und dem Steinhauermeister Donie an seine Forderungen eine Summe von zweihundert und vierzig Gulden von dem Bevollmächtigten bewilligt und von demselben angenommen worden.

Frankenstein, den 10. April 1821

Postskriptum: 29. April 1821 von Grafen Adolph Gustav signiert.

Bereits im Juni konnte Ritter dem Grafen die Fertigstellung des Grabsteines mitteilen.

„Mit Beziehung auf meines ergebensten Berichtes vom 28. Mai, habe ich hiermit die Ehre zu melden, dass am 22ten der Steinhauermeister Donie den Grabstein brachte.“

„Am 23ten Mai haben wir denselben unter der lebhaftigsten Erinnerung an die hochgeehrte gräfliche Familie gemeinsam aufgerichtet und so steht er nun, ein makellos sinniges Zeichen wie die Liebe, die ihn zu errichten gebeten, ewig in Dauer und Zeit besteht.“

Das Denkmal hat ein ungemein würdiges Ansehen und spricht mit den natürlichen Vorzügen seiner Lage am Waldrand in den verschiedensten Beziehungen an.

Grabmal des Grafen Friedrich von Einsiedeln

Grabmal des Grafen Friedrich von Einsiedeln in Frankenstein/Pfalz ( Foto. G.. Michel)

INSCHRIFT GRABMAL - GRAF VON EINSIEDEL
IN FRANKENSTEIN

Vorderseite:
HIER RUHT FRIEDRICH GRAF VON EINSIEDEL,
CHURFÜRSTL.-SÄCHS.-CAMMER-JUNKER UND
SOUS LIEUTENANT IM CHEVAU-LEG. REG:
HERZ: CARL V. CURLAND, GEB. D. 29. FEB.
1772 ZU WOLKENBURG IN SACHSEN, GEST.
DEN 30. NOVEMBER 1793 ZU KAISERSLAUTERN
AN SEINEN TAGS VORHER IN DER SCHLACHT
BEI MOORLAUTERN FÜR FÜRST U. VATERLAND
EMPFANGENEN TÖDLICHEN WUNDEN

rechtes
Seitenfeld:
UND DIE RICHTIG VOR SICH GEWANDELT HABEN,
KOMMEN ZUM FRIEDEN UND RUHEN IN IHREN
KAMMERN
JESAJA 57. V. 2.

Rückseite:
DEM EDLEN TOTEN IST DIESER GRABSTEIN GEWIDMET
VON DENEN NOCH LEBENDEN UND LIEBENDEN TRAUERNDEN
VIER BRÜDERN UND ZWEY SCHWESTERN IM JAHR 1821

linkes
Seitenfeld:
ER DEMÜTHIGET AUF DEM WEGE MEINE KRAFT; ER
VERKÜRZET MEINE TAGE
PSALM: 102. V. 24.

Die Fertigstellung und Aufrichtung der repräsentativen Grabstätte, durch den Steinhauermeister Donie, fällt in den Frühsommer des Jahres 1821. Es fehlen jegliche Hinweise darauf, dass seitens der gräflichen Familie jemand an der Zeremonie teilnahm.
Überliefert ist eine Zuwendung von 100 Gulden seitens der Grafenfamilie an die protestantischen Kirche zu Frankenstein im Jahre 1820, die laut Inventarium im Zentralarchiv der Ev. Kirche der Pfalz, Speyer, für den Bau einer Mauer um den alten Friedhof, neben der Kirche verwendet wurde.
Das Grabmal Friedrich von Einsiedel wurde im Jahr 1962 einer umfangreichen Renovierung unterzogen.

Es ist eines der Wenigen dieser Art in der Pfalz, das die Erinnerung an die Kämpfe mit den Truppen der Französischen Revolution wach hält. Seiner geschichtlichen Bedeutung entsprechend fand der Grabstein Aufnahme in den „ Kunstdenkmäler der Pfalz“, für Stadt und Landkreis Kaiserslautern, Nachdruck 1978 Deutscher Kunstverlag, Seite 205.

Literaturhinweise

1.) Fallot-Burghardt, Willi,
Geschichte der vereinigten Sachsen und Preußen während des Feldzuges 1793 zwischen dem Rheine und der Saar.
2.) Hauptlorenz, Eduard,
Galgenschanze und Osterberg, kurze Geschichte der Schlacht bei Kaiserslautern 1793

3. )Dem Gedächtnis des Konferenzministers Detlev Carl Grafen von Einsiedel und seiner Kinder : Mitteilung von Alexandra Thümmler, M.A., Waldenburg. ( Deutsche Bibliothek Leipzig )

4.) Kenotaph, Friedrich von Einsiedel, Standort: Rechts neben dem Eingang an der Südseite in der Alten Kirche in Wolkenburg, (in: Röder, Wolf-Dieter, 750 Jahre Wolkenburg 1241- 1991

5.) Pfarrbeschreibung Weidenthal 1820: Spende von 100 Gulden der Geschwister von Einsiedel zur Erneuerung der Friedhofmauer. ( Zentralarchiv der Ev. Kirche der Pfalz, Speyer, Abt. 5 Weidenthal Nr. 16 ).

6.) Walther, Willi, Abschrift eines Vertrages zwischen Karl Adolf Ritter und dem Grafen Adolph Gustav von Einsiedel vom 10. April 1821 zur Errichtung eines Grabmals. Dieser Vertrag wurde im , Bauausschuss der Gemeinde Frankenstein, von dem damaligen Bürgermeister Willi Koppenhöfer behandelt. Ein Mitglied dieses Ausschusses lieferte dem Bearbeiter eine detaillierte Textpassage.

7.) Lauterborn, August, Ludwigshafen ein Heldengrab. ( Pfälzische Geschichtsblätter 1907 ).

8.) Mühlberger, Ludwig, Ein einsames Grab. ( ZEITSCHRIFT : Pfälzische Heimatkunde 1908 ).

9.) Wagener, Samuel Christoph: Über die Pfalz am Rhein und deren Nachbarschaft…, (Im Alter von 32 Jahren veröffentlichte der aus dem Magdeburgschen stammende, preußische Feldprediger S. Ch. Wagener 1763 -1845, anonym dieses wohl erste Reisebüchlein der Pfalz, ( Entnommen: Historischer Verein der Pfalz e.V. Ortsgruppe Limburgerhof). Bd. 1 , Brandenburg 1795. Nachdruck 1979

10.)Schütte, Ludwig, Die Kriegsereignisse in der Pfalz im Jahre 1793, Seite 96 / 97, Jahrgang 1976

11.) Remling, Franz Xaver 1865, Die Schlacht bei Kaiserslautern vom 29.11.1793, sowie bei Blieskastel vom 17.11.1793, der preußische Leutnant von Röder ( Roeder )

12.) Lehmann, Joh. Georg, Urkundliche Geschichte der Bezirks – Hauptstadt Kaiserslautern, 1883, Seite 167 ff. ( Verluste )

13.) Schütte, Ludwig, Die Kämpfe um Edenkoben und das Schänzel während der Franz. Revolutionskriege, Teil I. S, 26, Jhrg. 1982

14.) Röber, Rolf Dieter, Lauchhammer Eisenkunstguss – Plastiken in Wolkenburg, Glauchau 1984 / 1991

15.) Kirchner, Rolf, Wolkenburg - Kaufungen, Kurzchronik, 2002.

Unseren besonderen Dank gilt Frau Alexandra Thümmler, M.A. aus Waldenburg. Obwohl sie sich innerhalb einer wissenschaftlichen Vorbereitung befand ( Dissertation) unterstützte sie uns in vielen Gesprächen und fand darüber hinaus noch die Zeit, gezielte Recherchen im Archiv zu Leipzig durchzuführen u.a. „Dem Gedächtnis des Conferensministers Detlef Graf von Einsiedel“. Ratibor 1940, ohne Autor.

Unser Dank gilt ebenfalls Herrn Rolf Kirchner, Wolkenburg, dem Verfasser des Buches „Wolkenburg- Kaufungen, Kurz- Chronik“ aus dem Jahr 2002. Er vermittelte uns viele Anregungen zur Geschichte der Grafen von Einsiedel und stellte uns umfangreiches Bildmaterial zur Verfügung.

Eine Darstellung der „Lauchhammer Eisenkunstguss – Plastiken von Wolkenburg“ aus dem Jahr 1991, der Autoren Wolf Dieter Röber, Glauchau, und Rolf Kirchner, Wolkenburg, gab uns Einblicke in die hervorragenden Arbeiten berühmter Meister des 18. Jahrhunderts, deren Werke überdauerten die Zeiten und zieren heute noch die Parkanlagen von Schloss Wolkenburg.

Start     Texte     Bilder     Videos     Erzählungen     Quellen & Presse     Kontakt     Impressum

Frankenstein  Familiennamen